Brief von Louis Bastin, aus dem Französischen übersetzt durch den Gefängnislehrer Hermann Pflüger, 14. Dezember 1942 (Auszug)

NLA Abteilung Wolfenbüttel

Louis Bastin

17. Mai 1922 – ?

Leben vor der Haft

Louis Bastin wurde am 17. Mai 1922 in Herstal/Kreis Lüttich in Belgien geboren. Bis zum Alter von zwölf Jahren besuchte er die Volksschule und anschließend ein Jahr die Handwerkerschule. Danach trat er in die Akademie der Bildenden Künste in Lüttich ein und erlernte den Beruf des Zeichners. Später arbeitete er als Maler.

Widerstand und Verhaftung

Louis Bastin trat 1942 der Front Wallon bei und verteilte für diese Widerstandsgruppe Zeitschriften und Flugblätter, unter anderem La Meuse clandestine, welche die deutschen Besatzer für illegal erklärt hatten.

Louis Bastin Untergrundzeitung La Meuse clandestine

Ausgabe der Untergrundzeitung La Meuse clandestine, Oktober 1941

www.belgiumwwii.be
Louis Bastin Auszug Urteil

Auszug aus dem Urteil, 21. September 1942

NLA Abteilung Wolfenbüttel

Louis Bastin wurde im Oktober 1942 verhaftet. Im Urteil vom 21. September 1942
hieß es dazu:

Bei dem Angeklagten Bastin war insbesonders [sic!] seine kommunistische Einstellung, seine Beziehungen zu führenden kommunistischen Persönlichkeiten, seine umfanreicht [sic!] Tätigkeit innerhalb der Organisation und der Umstand zu berücksichtigen, dass die übrigen Mitangeklagten größtenteils auf seine Veranlassung zum Eintritt oder zur Mitarbeit in die illegalen Organisationen veranlaßt worden sind.“

Louis Bastin wurde am 21. September 1942 durch die Oberfeldkommandantur 589 in Lüttich aufgrund von „bolschewistischen Umtrieben“ zu fünf Jahren Gefängnis und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, die in der Urteilsschrift genannten Georges Heydemann und André Charon wurden zu jeweils drei Jahren Strafgefängnis verurteilt.

Haft

Louis Bastin wurde vom Gefängnis Saint-Lèonard in Lüttich über Aachen in das Strafgefängnis Wolfenbüttel verlegt und trat dort am 15. Oktober 1942 seine Haft an.

Louis Bastin Gefängnis Saint Leonard Lüttich

Das Gefängnis Saint-Léonard in Lüttich, vor 1940

Quelle: Delcamp

Am 10. Februar 1943 verhängte der Gefängnisdirektor des Strafgefängnisses Wolfenbüttel eine vierwöchige Arreststrafe. Aus der Aussage des Vollzugsbeamten Lampe geht hervor, dass Louis Bastin im Strafgefängnis Wolfenbüttel seine Widerstandshaltung im Rahmen des Möglichen weiter aufrechterhielt. Er gab zu Protokoll:

„Am heutigen Nachmittage meldete mir der Strafgefangene Kusch, dass der Strafgefgn. Bastien [sic!] sich über den Fall von Stalingrad riesig gefreut habe und einen wahren Freudentanz mit dem Strafgefgn. Noeldien [sic!] (Franzose) aufgeführt habe. Ebenso hätten beide sich über den heldenhaften Widerstand unserer tapferen Soldaten verächtlich geäußert!! Bastin hat sich in letzter Zeit als ein widerspenstiger gehässiger Mensch erwiesen, der seine Landsleute gegen uns Deutsche aufhetzt und sie im schlechten Sinne beeinflusst. […]

Der Oberverwalter Willi Röbbeling gab zu Protokoll:

„Der Strafgefangene Bastin macht einen unglaubwürdigen Eindruck und ich bin der Überzeugung, dass er die treibende Kraft ist und einen ungünstigen Einfluss auf die französischen und belgischen Mitgefangenen ausübt, mit denen er in Gemeinschaftshaft bzw. auf der Arbeitsstelle in Berührung kommt. Ich halte es für angebracht, dass B. in Einzelhaft gelegt wird.“

Rückkehr und Entschädigung

Das Haftende von Louis Bastin war auf den 30. August 1947 angesetzt. Das Strafgefängnis Wolfenbüttel wurde jedoch bereits am 11. April 1945 durch amerikanische Truppen befreit und er konnte im Mai 1945 nach Belgien zurückkehren.

Nach dem Krieg arbeitete Louis Bastin für das Kolonialministerium in Belgisch-Kongo, der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Er beantragte Anerkennung als Widerstandskämpfer und politischer Gefangener und damit auch Entschädigung. Bei den Anträgen unterstützte ihn sein Vater. Als Mitglied der Front Wallon erhielt er den Status des „bewaffneten Widerstandskämpfers“ und im November 1948 wurde ihm der Status „politischer Gefangener“ verliehen. Zudem wurde er 1954 als „Widerstandskämpfer durch die Untergrundpresse“ anerkannt.

Louis Bastin Beschluss Verleihung Status Widerstandskämpfer Untergrundpresse Seite 1
Louis Bastin Beschluss Verleihung Status Widerstandskämpfer Untergrundpresse Seite 2

Beschluss zur Verleihung des Status „Widerstandskämpfer durch die Untergrundpresse“, 26. August 1954

Archivdienst für Kriegsopfer, Belgisches Staatsarchiv, 
Statut politischer Gefangener PP 3700 cal 7963

Nur der Status „ziviler Widerstandskämpfer“, den er ebenfalls 1954 beantragt hatte, wurde abgelehnt, da eine Anerkennung sowohl als ziviler wie auch bewaffneter Widerstandskämpfer für die jeweils gleiche Widerstandsaktivität nicht möglich war. Zudem erhielt Louis Bastin zwischen 1962 und 1965 Zahlungen aus dem Globalabkommen. Louis Bastins Widerstandsaktivitäten bei der Front Wallon wurden demnach vom belgischen Staat umfänglich anerkannt.