Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland – BR 3002 Nr. 643630
Leben vor der Haft
Helge Stray Johansen wurde am 13. August 1914 in Oppegård, 10 km südlich von Oslo, geboren. Er war als Jugendlicher ein sehr erfolgreicher Leichtathlet. Beispielsweise gewann er die norwegische Meisterschaft im 100- und 200-Meter-Lauf. Zudem hatte er zu Beginn der 1930er Jahre im norwegischen Militär gedient und eine Ausbildung als Buchdrucker absolviert.
Haft und Krankheit
Helge Stray Johansen hatte sich Anfang 1942 freiwillig als Leichtmatrose auf dem Kvarstad-Schiff D/S Skytteren gemeldet, um nach Großbritannien zu gelangen und so seine Widerstandstätigkeit fortzusetzen. Am 1. April 1942 versenkte die Besatzung der Skytteren das Schiff selbst, nachdem deutsche Wachboote es bei Skagerrak entdeckt hatten. Helge Stray Johansen wurde in einem Rettungsboot von den Deutschen aufgegriffen und in das Marineinternierungslager Milag/Malag Nord bei Bremen verbracht. Im April 1943 wurde er wegen „landesverräterischer FeindbegünstigungNach § 91b Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) in der NS-Zeit definiert als das Leisten von Vorschub einer feindlichen Macht während eines Krieges bzw. bei einer drohenden kriegerischen Auseinandersetzung oder das Zufügen von Nachteilen der Kriegsmacht des Deutschen Reichs.“ vom SondergerichtAb dem 21. März 1933 in jedem Oberlandesgerichtsbezirk eingerichtet, dienten die Sondergerichte der schnellen strafrechtlichen Ahndung regimekritischen Verhaltens. In sog. Schnellverfahren wurden mehrere 1.000 Menschen unterschiedlicher Herkunft zum Tode verurteilt. Kiel zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach Haft im Gefängnis Rendsburg und im ZuchthausDie Zuchthaushaft wurde als Freiheitsstrafe bei Kriminaldelikten zusammen mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verhängt. Die mildere Freiheitsstrafe war die Gefängnishaft. Unter dem NS-Regime wurden die im Zuchthaus verhängten Strafmaßnahmen, insbesondere Zwangsarbeit und Entbehrung, stark verschärft. Sonnenburg kam er im Juni 1944 in das Strafgefängnis Wolfenbüttel. Während der Haft litt er an Unterernährung, harter, „überlastender“ ZwangsarbeitIm Verlauf des Zweiten Weltkriegs arbeiteten über 13 Millionen zivile Zwangsarbeiter*innen, Kriegsgefangene und Inhaftierte unter Zwang im Deutschen Reich. Sie waren vor allem in der Rüstungsindustrie und in der Landwirtschaft eingesetzt. und erkrankte an Tuberkulose.
Am 27. April 1945 wurden er und seine Mitgefangenen aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden durch sowjetische Truppen befreit. Danach musste er sich aufgrund der Tuberkulose jahrelang zahlreichen Krankenhausaufenthalten und Operationen unterziehen.
Persönliche Erklärung von Helge Stray Johansen im Antrag auf Entschädigung nach BEG, 20. Juni 1956
Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland BR 3002 Nr. 643630
Kontakt zu ehemaligen Mitgefangenen
Helge Stray Johansen hielt zu seinen ehemaligen Mithäftlingen der Kvarstad-Gruppe durch regelmäßige Treffen über Jahre hinweg Kontakt. Der ehemalige Mitgefangene Alf Pahlow Andresen beispielsweise blieb mit ihm und seiner Familie lebenslang freundschaftlich als „Onkel Alf“ verbunden.
„Hier ist die Kvarstad-Mannschaft.“
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Mehr InformationenPaul Stray
Sohn von Helge Stray Johansen
2024
Entschädigung ist keine Wiedergutmachung
Wenche Stray-Frøyshov
Tochter von Helge Stray Johansen
2024
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Mehr InformationenFrühe Entschädigungsbemühungen ab 1953
Im September 1953 bat Helge Stray Johansen den Rechtsanwalt Axel Middelthon in einem „vorläufigen Auftrag“, ihn und zwölf weitere ehemalige norwegische Mitgefangene bei einer Schadensersatzklage wegen zehn Monaten „Sklavenarbeit“ im Gefängnis Wolfenbüttel gegen die Voigtländer & Sohn AG zu vertreten, um Entschädigung zu fordern:
„Wir meinen nachweisen zu können, dass wir wirklich dort gearbeitet haben, und behaupten, dass unsere Arbeit dort als Sklavenarbeit anzusehen ist.“
Helge Stray Johansen sandte das Schreiben an den befreundeten Wilfred Jensenius in Kopie und bat ihn um Kommentare und eine Überprüfung der Geschädigtenliste. Zwar ist diese Klage nicht zustande gekommen. Dennoch spiegeln die Bemühungen die damalige Kritik in Norwegen insbesondere durch Axel Middelthon an fehlender Entschädigung der Bundesrepublik für NS-Zwangsarbeit wider, die durch den damaligen Wollheim-ProzessDer Auschwitz-Überlebende Norbert Wollheim reichte 1950 die erste Musterklage gegen die I.G. Farbenindustrie AG i.L. ein. In einem Globalvergleich im Februar 1957 verpflichtete sich I.G. Farben, 30 Millionen DM an ehemalige Zwangsarbeiter*innen zu zahlen. Die Entschädigungsansprüche gegen die I.G. Farben wurden im vom Bundestag erlassenen Aufrufgesetz vom April 1957 geregelt. zusätzlich befeuert wurde.
Erneute Entschädigungsbemühungen
Drei Jahre später, im Juni 1956, beantragte Helge Stray Johansen, unterstützt durch die öffentliche Meinung in Norwegen, Entschädigung in der Bundesrepublik nach BEG. Dieser Antrag wurde im Dezember 1959 aufgrund der WohnsitzregelungLaut Bundesentschädigungsgesetz (BEG) waren nur diejenigen anspruchsberechtigt, die zum 31. Dezember 1952 oder davor ihren Wohnsitz im Bundesgebiet bzw. im früheren Deutschen Reich hatten sowie ihre Hinterbliebenen. Auch Vertriebene, Staatenlose und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention hatten einen Anspruch. zurückgewiesen. Nach der Ratifizierung des Globalabkommens zwischen Norwegen und der Bundesrepublik im Frühjahr 1960 stellte Helge Stray Johansen im Juni 1960 abermals einen Antrag auf Haftentschädigung und erhielt im November 1960 Haftentschädigung für 37 Monate.
Als Besatzungsmitglied der D/S Skytteren erhielt er 1973 eine weitere Zahlung, die keine Entschädigung, sondern eine Lohnausgleichszahlung darstellte. Die KrigsseilerenDie „Kriegsmatrosen“ waren Seeleute der norwegischen Handelsmarine, die im Zweiten Weltkrieg als Besatzungsmitglieder auf Schiffen fuhren, die sich der norwegischen Exilregierung anschlossen hatten und somit der alliierten Kriegsführung dienten. erhielten ex gratiaFreiwillige Zahlung der norwegischen Regierung 1971–1975 „ex gratia“ (aus Dankbarkeit) an die ehemaligen Seeleute der norwegischen Handelsmarine 1939–1945. Sie sollte die Differenz der norwegischen und britischen Seemannslöhne im Zweiten Weltkrieg ausgleichen. Anspruchsberechtigte erhielten nach Antrag pro Kriegseinsatzmonat 180 norwegische Kronen. 180 norwegische Kronen pro Kriegseinsatzmonat. Diese Zahlung war jedoch nur Besatzungsmitgliedern vorbehalten. Zudem hat Helge Stray Johansen insgesamt für seine Verdienste als Widerstandskämpfer mindestens vier Medaillen erhalten, eine davon 1980 als Mitglied der Krigsseileren.
Auswirkungen auf die Familie und Engagement der Folgegeneration
Helge Stray Johansen arbeitete in der Nachkriegszeit zunächst als Chef der Anzeigenabteilung der Zeitung Morgenbladet (Morgenblatt) und dann beim norwegischen Sparkassenverband. Aus seiner Ehe 1947 mit seiner Frau Ester gingen drei Kinder hervor, Helge, Paul und Wenche. Für sie waren die Haftauswirkungen allgegenwärtig. Sie berichten von häufigen Alpträumen ihres Vaters und seinen gesundheitlichen Einschränkungen durch die Tuberkulose. Häufige Kuraufenthalte und Schwierigkeiten beim Lastenheben standen in starkem Kontrast zu seiner sportlichen Vergangenheit. Seine Kinder empfanden Stolz für ihren Vater als Widerstandskämpfer. Er wurde häufig gebeten, Reden zum Nationalfeiertag am 17. Mai zu halten, und nahm beispielsweise als Teil der norwegischen Delegation an Winston Churchills Beerdigung 1965 teil. Die Vergangenheit ihres Vaters hat sie auch beruflich geprägt.
Prägung durch die Kriegserlebnisse des Vaters
Wenche Stray-Frøyshov
Tochter von Helge Stray Johansen
2024
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