Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland – BR 3002 Nr. 643630
Helge Stray Johansen Portrait

Helge Stray Johansen

13. August 1914 – 27. Oktober 1995

Leben vor der Haft

Helge Stray Johansen wurde am 13. August 1914 in Oppegård, 10 km südlich von Oslo, geboren. Er war als Jugendlicher ein sehr erfolgreicher Leichtathlet. Beispielsweise gewann er die norwegische Meisterschaft im 100- und 200-Meter-Lauf. Zudem hatte er zu Beginn der 1930er Jahre im norwegischen Militär gedient und eine Ausbildung als Buchdrucker absolviert.

Helge Stray Johansen Gewinn norwegischer Meisterschaft 100-Meter-Lauf

Helge Stray Johansen nach dem Gewinn der norwegischen Meisterschaft im 100-Meter-Lauf 1939.

Privatbesitz Familie Stray

Haft und Krankheit

Helge Stray Johansen hatte sich Anfang 1942 freiwillig als Leichtmatrose auf dem Kvarstad-Schiff D/S Skytteren gemeldet, um nach Großbritannien zu gelangen und so seine Widerstandstätigkeit fortzusetzen. Am 1. April 1942 versenkte die Besatzung der Skytteren das Schiff selbst, nachdem deutsche Wachboote es bei Skagerrak entdeckt hatten. Helge Stray Johansen wurde in einem Rettungsboot von den Deutschen aufgegriffen und in das Marineinternierungslager Milag/Malag Nord bei Bremen verbracht. Im April 1943 wurde er wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung“ vom Sondergericht Kiel zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach Haft im Gefängnis Rendsburg und im Zuchthaus Sonnenburg kam er im Juni 1944 in das Strafgefängnis Wolfenbüttel. Während der Haft litt er an Unterernährung, harter, „überlastender“ Zwangsarbeit und erkrankte an Tuberkulose.

Am 27. April 1945 wurden er und seine Mitgefangenen aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden durch sowjetische Truppen befreit. Danach musste er sich aufgrund der Tuberkulose jahrelang zahlreichen Krankenhausaufenthalten und Operationen unterziehen.

Persönliche Erklärung von Helge Stray Johansen im Antrag auf Entschädigung nach BEG, 20. Juni 1956

Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland
BR 3002 Nr. 643630
Helge Stray Johansen Persönliche Erklärung

Kontakt zu ehemaligen Mitgefangenen

Helge Stray Johansen hielt zu seinen ehemaligen Mithäftlingen der Kvarstad-Gruppe durch regelmäßige Treffen über Jahre hinweg Kontakt. Der ehemalige Mitgefangene Alf Pahlow Andresen beispielsweise blieb mit ihm und seiner Familie lebenslang freundschaftlich als „Onkel Alf“ verbunden.

 „Hier ist die Kvarstad-Mannschaft.“

Helge Stray Johansen Feier ehemaliger Kvarstad-Häftlinge
Privatbesitz Familie Stray

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Paul Stray
Sohn von Helge Stray Johansen
2024

Entschädigung ist keine Wiedergutmachung

Wenche Stray-Frøyshov
Tochter von Helge Stray Johansen
2024

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Frühe Entschädigungsbemühungen ab 1953

Im September 1953 bat Helge Stray Johansen den Rechtsanwalt Axel Middelthon in einem „vorläufigen Auftrag“, ihn und zwölf weitere ehemalige norwegische Mitgefangene bei einer Schadensersatzklage wegen zehn Monaten „Sklavenarbeit“ im Gefängnis Wolfenbüttel gegen die Voigtländer & Sohn AG zu vertreten, um Entschädigung zu fordern:

„Wir meinen nachweisen zu können, dass wir wirklich dort gearbeitet haben, und behaupten, dass unsere Arbeit dort als Sklavenarbeit anzusehen ist.“

Helge Stray Johansen sandte das Schreiben an den befreundeten Wilfred Jensenius in Kopie und bat ihn um Kommentare und eine Überprüfung der Geschädigtenliste. Zwar ist diese Klage nicht zustande gekommen. Dennoch spiegeln die Bemühungen die damalige Kritik in Norwegen insbesondere durch Axel Middelthon an fehlender Entschädigung der Bundesrepublik für NS-Zwangsarbeit wider, die durch den damaligen Wollheim-Prozess zusätzlich befeuert wurde.

Helge Stray Johansen Schreiben Anwalt Axel Middelthon Seite 2

Schreiben Helge Stray Johansens an Anwalt Axel Middelthon, in Kopie an Wilfred Jensenius, 12.9.1953.

Gedenkstätte Wolfenbüttel

Erneute Entschädigungsbemühungen

Drei Jahre später, im Juni 1956, beantragte Helge Stray Johansen, unterstützt durch die öffentliche Meinung in Norwegen, Entschädigung in der Bundesrepublik nach BEG. Dieser Antrag wurde im Dezember 1959 aufgrund der Wohnsitzregelung zurückgewiesen. Nach der Ratifizierung des Globalabkommens zwischen Norwegen und der Bundesrepublik im Frühjahr 1960 stellte Helge Stray Johansen im Juni 1960 abermals einen Antrag auf Haftentschädigung und erhielt im November 1960 Haftentschädigung für 37 Monate.

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Paul Stray
Sohn von Helge Stray Johannsen
2024

Als Besatzungsmitglied der D/S Skytteren erhielt er 1973 eine weitere Zahlung, die keine Entschädigung, sondern eine Lohnausgleichszahlung darstellte. Die Krigsseileren erhielten ex gratia 180 norwegische Kronen pro Kriegseinsatzmonat. Diese Zahlung war jedoch nur Besatzungsmitgliedern vorbehalten. Zudem hat Helge Stray Johansen insgesamt für seine Verdienste als Widerstandskämpfer mindestens vier Medaillen erhalten, eine davon 1980 als Mitglied der Krigsseileren.

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Paul Stray
Sohn von Helge Stray Johannsen
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Auswirkungen auf die Familie und Engagement der Folgegeneration

Helge Stray Johansen arbeitete in der Nachkriegszeit zunächst als Chef der Anzeigenabteilung der Zeitung Morgenbladet (Morgenblatt) und dann beim norwegischen Sparkassenverband. Aus seiner Ehe 1947 mit seiner Frau Ester gingen drei Kinder hervor, Helge, Paul und Wenche. Für sie waren die Haftauswirkungen allgegenwärtig. Sie berichten von häufigen Alpträumen ihres Vaters und seinen gesundheitlichen Einschränkungen durch die Tuberkulose. Häufige Kuraufenthalte und Schwierigkeiten beim Lastenheben standen in starkem Kontrast zu seiner sportlichen Vergangenheit. Seine Kinder empfanden Stolz für ihren Vater als Widerstandskämpfer. Er wurde häufig gebeten, Reden zum Nationalfeiertag am 17. Mai zu halten, und nahm beispielsweise als Teil der norwegischen Delegation an Winston Churchills Beerdigung 1965 teil. Die Vergangenheit ihres Vaters hat sie auch beruflich geprägt.

 Prägung durch die Kriegserlebnisse des Vaters

Wenche Stray-Frøyshov
Tochter von Helge Stray Johansen
2024

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