Am 11. April 1945 jährte sich die Befreiung des Strafgefängnisses Wolfenbüttel zum 78. Mal. Aus diesem Anlass veranstalteten wir als Gedenkstätte am Wochenende vom 14.04. auf den 16.04 das 7. Familientreffen für Angehörige von in der NS-Zeit in Wolfenbüttel Hingerichteten und Inhaftierten. Aufgrund der Corona-Bestimmungen musste das Familientreffen 2020  leider ausfallen und konnte 2021 nur online stattfinden. Umso mehr haben wir uns gefreut, erstmals seit drei Jahren wieder Angehörige aus Belgien, den Niederlanden, Polen und Deutschland zum Familientreffen in Wolfenbüttel begrüßen zu können, um den Opfern der Justiz und des Strafvollzugs im Nationalsozialismus zu gedenken.

Das Familientreffen fand erstmals 2016 statt und dient den Angehörigen als Ort des informellen Austauschs untereinander, in einem privaten Rahmen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Erfahrungen der Familien im Umgang mit der eigenen Geschichte und das Gedenken ihrer Angehörigen stehen im Zentrum der Veranstaltung. Das Team der Gedenkstätte begleitet die Gäste an diesem Tag, unterstützt, informiert und steht für Fragen bereit.

Für uns als Team im Projekt „Ewige Zuchthäusler?!“ war das Familientreffen eine wichtige Gelegenheit, mit den Angehörigen ins Gespräch zu kommen. Denn die Erfahrungen der Familien sind es, die bei uns im Mittelpunkt des Projektes stehen. Die Besonderheit unseres Projektes ist die vielfältige Unterstützung, die wir von den Familien erhalten, sei es ihre Bereitschaft,  Interviews mit uns zu führen oder private Sammlungen mit uns zu teilen.

Im Verlauf des Wochenendes entstanden dadurch viele interessante und intensive Gespräche. Viele der Anwesenden erforschten und erforschen über viele Jahre selbst die Geschichte ihrer Angehörigen und konnten uns dadurch wichtige Hinweise auf Archivbestände im europäischen Ausland geben. Auch konnten wir  die Grundlage für weitere Gespräche und lebensgeschichtliche Interviews legen.

Abschließend fand am Sonntag in der ehemaligen Hinrichtungsstätte mit einer Kranzniederlegung durch die Gedenkstättenleiterin Martina Staats und den Anstaltsleiter Dieter Münzebrock eine Gedenkzeremonie statt. Auch konnten Angehörige beim Kubus der Erinnerung auf dem Hauptfriedhof Wolfenbüttel Tulpen niederlegen. Der Kubus der Erinnerung wurde 2022 eingerichtet, um den Hingerichteten zu gedenken, deren Leichname an die Anatomie Göttingen überführt wurden und deren Verbleib trotz intensiver Forschung nicht geklärt werden konnte.

Gedenken am Kubus der Erinnerung auf dem Hauptfriedhof Wolfenbüttel

Im Anschluss konnte bei einem gemeinsamen Abendessen das Erlebte ausgetauscht und reflektiert werden.

Für uns als Projektteam war es das erste Familientreffen, an dem wir teilnehmen durften und eine besondere Erfahrung. Wir danken allen Angehörigen für ihre Teilnahme und ihre Unterstützung, ohne die das Projekt nicht möglich wäre.

David Paul