Entschädigung für NS-Verfolgte in den Niederlanden
Krieg und deutsche Besatzung
1940–1945
Am 10. Mai 1940 überfiel das Deutsche Reich Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Bereits drei Tage später verlegten das Regierungskabinett und Königin Wilhelmina ihren Sitz ins Exil nach London. Am 15. Mai kapitulierten die niederländischen Streitkräfte. Anders als in Belgien ordnete Hitler eine Zivilverwaltung an, die Arthur Seyß-Inquart als politischem Reichskommissar unterstand. Im neu etablierten nationalsozialistischen Überwachungsapparat wirkten auch Niederländer mit, unter anderem aus der Nationalsozialistischen Bewegung (NSB). Rechneten die Besatzer zunächst mit einer „Selbstnazifizierung“, wurden gegen Ende des Krieges die Maßnahmen zur Ausbeutung niederländischer Arbeitskraft und Waren immer härter. 100.000 niederländische Jüdinnen und Juden wurden deportiert, nur 5.000 kehrten zurück.
Ende der Besatzung
Nachdem die Westalliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie gelandet waren, hoffte die niederländische Bevölkerung auf eine schnelle BefreiungBelgien: Das komplette Staatsgebiet Belgiens wurde am 4. Februar 1945 befreit. Niederlande: Im September 1944 konnte durch die Alliierten nur ein kleiner Teil im Süden der Niederlande befreit werden. Das restliche Staatsgebiet wurde am 5. Mai 1945 befreit. Norwegen: Die Besatzung endete mit der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945. im September 1944. Allerdings konnte nur ein kleiner Teil im Süden des Landes befreit werden. Für einen Großteil der Bevölkerung endete die deutsche Besatzung erst nach dem sogenannten Hungerwinter 1944/45 am 5. Mai 1945. Jährlich wird am 4. Mai, dem Nationalen Totengedenktag, der Opfer des Krieges gedacht.
„Sie hat bessere Erinnerungen daran als mein Vater.“
Ellen van Dijk-Geurtsen,
Tochter von Hendrikus Geurtsen erinnert sich an die Erzählungen ihrer Mutter über die Besatzungszeit.
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Mehr Informationen„Anfang Mai war es am schlimmsten.“
Martin Kentie, Sohn von Cornelis Kentie, erinnert sich daran, wie er den Gedenktag am 4. Mai als Kind wahrnahm.
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Mehr Informationen„‘Jetzt hör auf zu jammern und mach weiter.‘“
Martin Kentie über den Umgang mit Rückkehrern nach Kriegsende.
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Mehr InformationenFrühe Entschädigung
Mai 1945 – April 1946
Nach dem Krieg litt die niederländische Bevölkerung unter Hunger und Armut. Die Infrastruktur war zerstört, die Versorgunglage schlecht. Ehemalige politische Häftlinge konnten zwischen Mai 1945 und April 1946 zusätzliche Lebensmittelkarten beim Afwikkelingsbureau ConcentratiekampenInhalt folgt beantragen. Dieses war bereits vor Kriegsende aus dem Engagement einiger Bewohner*innen der Gemeinde Vught hervorgegangen, die den Häftlingen des dortigen Lagers Lebensmittelpakete zugesandt hatten. Nach der Befreiung weitete das Büro seine Aufgaben aus, u.a. mit der Suche nach Vermissten und der sozialen Betreuung ehemaliger politischer Häftlinge. Die Haftzeit in Wolfenbüttel erkannte das Afwikkelingsbureau Concentratiekampen in der Regel nicht als politische Haft an.
„Extra Lebensmittelmarken für ehemalige politische Gefangene“: Aufruf in der Zeitung „De Waarheid“ am 4. Juli 1945
Nationale Entschädigungsregelungen,
ab 1947
1947 erließ die niederländische Regierung das Wet Buitengewoon Pensioen (Gesetz über außerordentliche Renten, WBP). Das WBP gewährte Personen einen Rentenanspruch, die durch ihre Beteiligung am Widerstand gegen die deutsche Besatzung physische oder psychische Schäden erlitten hatten. Auch Hinterbliebene von Widerstandskämpfer*innen, die in den Niederlanden verstorben waren, konnten einen Antrag stellen. Die Höhe der Rente hing vom Grad der Invalidität ab. Mit der Bearbeitung wurde die Stichting 1940-1945 betraut – eine private Stiftung, die sich bereits um die Versorgung von Widerstandskämpfer*innen bzw. ihrer Hinterbliebenen gekümmert hatte. Die Auszahlung erfolgte durch die niederländische Sozialversicherungsbank (SVG).
Erst 1973 folgte mit dem Wet uitkeringen vervolgingsslachtoffers (Verfolgtenversorgungsgesetz, kurz WUV) eine analoge Regelung zum WBP, die diejenigen berücksichtigt, die während der deutschen oder japanischen Besatzung wegen ihrer „Rasse“, Religion, Weltanschauung oder sexuellen Orientierung oder wegen Umgehung der Zwangsbeschäftigung physische oder psychische Schäden erlitten hatten. Schließlich trat 1984 das Wet uitkeringen burger-oorlogsslachtoffers (Bürgerkriegsopferversorgungsgesetz, WUBO) in Kraft, das invalidisierten Zivilpersonen eine Rente zusprach. Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem früheren Einkommen und den familiären Verhältnissen.
„Er hat nie etwas bekommen (…)“
Strafgefangene wie Cornelis Kentie waren von den Entschädigungsleistungen ausgeschlossen.
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Mehr InformationenGlobalabkommenZwischen 1959 und 1964 schloss die Bundesrepublik Deutschland bilaterale Entschädigungsabkommen mit zwölf westeuropäischen Staaten. Darin wurden Pauschalzahlungen vereinbart, mit denen alle Entschädigungsansprüche abgegolten werden sollten. Die Verteilung der Gelder oblag jeweils dem Empfängerstaat. mit der Bundesrepublik Deutschland,
ab 1960
Nach langwierigen Verhandlungen schlossen die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland 1960 einen sogenannten Ausgleichsvertrag ab, der auch Entschädigungszahlungen regelte. Die Verteilung der Gelder war der niederländischen Regierung überlassen und sorgte für Diskussionen. Berücksichtigt waren schließlich diejenigen, die rassistisch oder aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung verfolgt wurden. Zu den anerkannten Verfolgungstatbeständen gehörten Freiheitsentzug ab drei Monaten, das Tragen des „Judensterns“, Sterilisation und Invalidität. Das Geld wurde unter allen Antragsteller*innen nach einem Punktesystem aufgeteilt. Das beauftragte Centraal Afwikkelingsbureau Duiise Schade-Uitkeringen (Zentrales Abwicklungsbüro für deutsche Schadensleistungen, C.A.D.S.U.) bearbeitete bis Mitte 1966 über 50.000 Anträge. Es lehnte knapp 8.500 Anträge ab und zahlte im Falle einer Annahme zwischen 300 und 6.000 Gulden an die Betroffenen.